Am frühen Morgen springen die Matrosen frohgemut aus den Federn und setzen sich erwartungsvoll an den Frühstückstisch. Heute gibt es kein Brot, sondern zähen Kleister mit Früchtetee und Kaffee (handwarm, ohne Milch). Als Frühstücksmusik brummt der Motor, weil kein Wind in den Wanten harft. Dafür zeigt der Meilenzäher, dass wir die Hälfte der Strecke von den Azoren zum europäischen Festland hinter uns gebracht haben. Das führt zu einem kleinen Umtrunk aus Jan-Oles Flachmann (Havanna Club – 7 Jahre). Danach nehmen die Matrosen ein erfrischendes Bad, egal ob es dringend notwendig ist, oder nicht. Es folgt der große Moment, wo sich nach einstündiger intensiver Vorbereitung der schwarze Spinnaker am Mast empor rankt. Er hat es schwer, denn er mag sich bei dem seitlichen Schwell nicht so recht mit Wind füllen und wird bald wieder geborgen. Beschämt zieht er sich in die Mädchenkammer zurück. Unverzüglich folgt das zweite Großereignis des Tages. Die Genua wird ausgebaumt. Verblüfft betrachten Wale und Rudel von Delfinen das sich ihnen bietende Schauspiel. Auf dem Fuße folgt der nächste Höhepunkt. Schon Stunden vorher summt es vor Aufregung unter dem Deck. Schließlich wimmelt das Schiffsvolk aus den Niedergängen heraus um sich an das große Werk zu machen: Die Halse. Zahlreiche Taue werden über das Deck gespannt und durch Rollen gezogen. Knoten werden geschürzt und gelöst. Mit einem satten „Plopp“ schwingt sich der Großbaum auf die andere Seite, heisere Befehle werden übers Deck gehustet und nach 90 Minuten ist die großartige Tat vollbracht. Strahlend erscheint Alard mit Kuchenplatten und Kaffee aus dem Niedergang um die erschöpften Matrosen zu stärken. Doch Alard ist nicht der einzige der strahlt. Auch Blöcke, Winschen und das Steuerrad glänzen. Stunde um Stunde hat der Bootsmann sie mit Politur behandelt. Bald geht die Freiwache zur Ruhe. So endet der Sonntag auf dem Atlantik. Noch 373 Meilen nach Porto. Position 39°42´ Nord, 16°46´ West. Otto diktierte, Michi führte Protokoll.