Verschiedene Gründe haben dazu geführt, dass dieses Update erst lange nach dem Ende der Vendée Globe hier gepostet wird. Dies härteste aller Segelregatten ist eher das Gegenteil zu unserer keineswegs überstürzten Flucht. Für mich rundet dieser kurze Nachtrag trotzdem meine persönliche Flucht in die Karibik ab.
Am Ende der letzten Etappe lagen wir in Brest neben den Booten von Bernard Stamm und Javier Sansó. Beide bereiteten sich mit Cheminées Poujoulat bzw. ACCIONA 100% EcoPowered auf die Vendée vor, die in wenigen Wochen beginnen würde. Ich weiß noch wie ich lange neben diesen Rennmaschinen stand und mir ehrfurchtsvoll die teflonbeschichteten High-End Beschläge, das stehende Gut aus Dyneema und die Hutzen für die riesigen Steckschwerter angesehen habe. Ich hatte erst kürzlich das Video des „Keelwalkers“ Alex Thomson gesehen und stellte mir nun diese hochgezüchteten Racer, die an jedem Gramm sparen, in den stürmischen Winden der Roaring Fourties und Furious Fifties vor. Würden sie ähnlich hart kämpfen müssen wie der Peter und seine Besatzung auf der Nordsee und im englischen Kanal oder würden diese todesmutigen Skipper auch dort unten noch zu werbewirksamen Späßen aufgelegt sein, welche wir dann im warmen Wohnzimmer im Livestream verfolgen würden können?
Von beiden Schiffen war mir die Acciona die sympathischere. Ich kenne mich in der Profiseglerszene nicht besonders gut aus und wusste damals nicht, dass Stamm als Pechvogel bekannt ist, der schon häufig bei der Vendée angetreten ist, dem aber immer wieder technische Pannen einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Daher sollte man ihm sicher bei diesem Anlauf die Daumen drücken. Schöner war seine Cheminées Poujoulat in ihrem strahlenden Gelb auf jeden Fall; und wir sahen morgens noch, wie sie majestätisch unter Großsegel die mächtigen Molenköpfe der bretonischen Hafenstadt passierte. Vielleicht fiel deshalb die Wahl auf die Acciona, weil sie dort, wo bei anderen Schiffen die Fußreling ist, auf der kopletten Schiffslänge Photovoltaikzellen hatte und auch sonst keine fossilen Brennstoffe für die Erdumrundung verbrauchen sollte. Dieses Konzept fand ich konsequent und einleuchtend. Wen ich während der Regatta anfeuern würde, war im Prinzip egal. Ich fand es einfach nur spannend hier diese Seglerprominenz aus der Nähe sehen zu können.
Nun ist die Vendée schon länger beendet und der Sieger, François Gabart, ist nur ein Jahr älter als ich (das Fernweh, dass welches dadurch in mir ausgelöst wird, ist einen ganzen eigenen Blogeintrag wert). Von den gestarteten 20 Skippern sind nur elf ins Ziel gekommen und unsere beiden alten Bekannten aus Brest waren nicht darunter. Bernard Stamm wurde disqualifiziert, weil er zur Reparatur in Australien an einem russischen Tanker längseits ging. Die Deckshand des Russen wusste nicht um die strengen Regeln der Vendée und sprang auf sein Vordeck um ihm beim Belegen der Leinen zu helfen. Dies hat der pflichtbewusste Stamm der Rennleitung gemeldet und wurde darauf disqualifiziert. Hilfe anzunehmen ist bei diesem unbarmherzigen Rennen verboten.
Javier Sansó hat seinen Kiel im Atlantik verloren und konnte noch hunderte Meilen mit gut getrimmtem Wasserbalast weitersegeln, bevor er schlussendlich doch kennterte. Die verlinkten Videos zeigen einen verzweifelten Helden, der eine Patenthalse nach der nächsten fährt und das traurige Ende eines Hochleistungsrenners, kieloben. Wenn man genau hinschaut, sieht man noch die Photovoltaikleiste auf Höhe der Fussreling.
Beeindruckende Bilder, die in mir vor allem ein Gefühl auslösen. Dankbarkeit darüber, dass unser Peter sehr solide und nicht nur für eine Regatta gebaut ist. Sondern für alle Widrigkeiten, die die Meere für ihn und seine Crew bereit halten. Mast und Schotbruch und bis bald auf den Azoren!
Jan-Ole